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2.2  Der allgemeine Modellbegriff

Modelle dienen in den Wissenschaften dazu, durch Strukturierung und Reduktion die In­formationsfülle der Umwelt handhabbar zu machen ( HAKE/ GRÜNREICH 1994, S. 14). STACHOWIAK (1965, S. 438) sieht folgende charakteristischen Merkmale eines Modells:

  • Modell als Abbildung: Modelle repräsentieren natürliche oder künstliche Originale, wobei das Original seinerseits schon ein Modell sein kann.

  • Modell als Vereinfachung: Bei der Modellbildung wird gezielt eine Verkürzung durchgeführt, indem bestimmte Eigenschaften als relevant eingestuft werden, während andere Eigenschaften nicht in das Modell einfließen.

  • Modell als subjektive Pragmatik: Bereits die Verkürzung drückt aus, daß der Inhalt eines Modells davon abhängt, was als relevant, d.h. nach einer subjektiven Auswahl, für das Original angenommen wird. Abhängig von beteiligten Personen, Zeitpunkten und Thematiken kann ein System in unterschiedliche Modelle münden.

Der allgemeine Modellbegriff muß insbesondere in empirischen Wissenschaften wie der Geographie dahingehend eingeengt werden, daß die Qualität des Modells anhand empiri­scher Befunde überprüfbar sein muß ( HAKE/ GRÜNREICH 1994, S. 15).

Die Originale, die ein Modell darstellt, werden nach der Allgemeinen Systemtheorie als Systeme aufgefaßt:

Ein System ist eine Gesamtheit von Elementen, zwischen denen und zwischen deren Attributen (Eigenschaften) wechselseitige Beziehungen tatsächlich bestehen oder gegebenenfalls hergestellt werden können (WIRTH 1979, S. 105).

Diese Definition impliziert, daß Systeme selbst schon eine Interpretation der realen Welt sind, in der vor allem strukturelle und funktionale Aspekte betrachtet werden. Bezogen auf die Geographie unterscheidet WIRTH (1979, S. 106) zwischen nicht-räumlichen Systemen, Systemen mit räumlichen Aspekten und räumlichen Systemen. Während erstere keinen Raumbezug aufweisen, lassen sich Systeme mit räumlichen Aspekten unter an­derem anhand ihrer Verortung beschreiben (z.B. soziale und ökonomische Systeme, die gewisse Standorte oder Verbreitungsareale besitzen). Räumliche Systeme hingegen sind aufgrund ihrer räumlichen Eigenschaften definiert, und das Funktionieren des Systems hängt wesentlich von den räumlichen Beziehungen der Systemelemente ab. Insbesondere die räumliche Distanz zwischen den Systemelementen determiniert die gegenseitigen Be­ziehungen (WIRTH 1979, S. 106 f).

Formal betrachtet ist die Modellbildung eine Funktion, die ein System auf ein anderes abbildet, wobei einige der Strukturen erhalten bleiben. In dem vereinfachten Modell kön­nen diese Strukturen analysiert und die Ergebnisse im Ausgangssystem interpretiert wer­den. Dabei sind die wichtigsten qualitativen Eigenschaften des Modells, wie wirklich­keitsgetreu die Abbildung erfolgt, und in welchem Umfang die aus dem Modell gewon­nenen Erkenntnisse auf das Original übertragbar sind (WORBOYS 1995, S. 146; KOOY 1994, S. 1217).

Abbildung 2: Modellfunktion

 

Quelle: WORBOYS 1995, S. 146