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2.4  Modellebenen in Informationssystemen

Der Prozeß, mit dem ein Abbild der Realität in einem Informationssystem erstellt wird, kann auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden, ausgehend von der Realwelt über mehrere Stufen der Abstraktion bis hin zur physischen Speicherstruktur im Rechner (PEUQUET 1990, S. 252). Dieses Standardschema zur Datenmodellierung in digitalen Informationssystemen geht zurück auf das American National Standards Institute, Standards Planning and Requirements Committee (ANSI-SPARC) und stellt inzwischen einen allgemein anerkannten Standard dar (LAURINI/ THOMPSON 1992, S. 351).

Abbildung 3: Modellebenen nach ANSI – SPARC



Quelle: Nach LAURINI/ THOMPSON 1992, verändert

Externe Ebene

Den Ausgangspunkt bildet ein Ausschnitt der Realwelt, der im Informationssystem abge­bildet werden soll. Davon extrahieren potentielle Anwender die sie interessierenden Inhalte und formulieren daraus ein externes Modell, das ihre Sicht repräsentiert. Auf dieser Stufe steht vor allem das Thema des Anwenders im Vordergrund (LAURINI/ THOMPSON 1992, S. 357).

Konzeptionelle Ebene

Auf der konzeptionellen Ebene erfolgt eine Synthese der externen Modelle, und es wird eine Abstraktion erarbeitet, die die in der Realwelt als relevant eingestuften Entitäten und ihre Beziehungen untereinander repräsentiert. Angestrebt wird eine möglichst präzise Ab­bildung der fachlichen Inhalte in einer vereinheitlichten, leicht verständlichen Form, um damit eventuelle Fehlinterpretationen aufzudecken (LAURINI/ THOMPSON 1992, S. 360; KELLER 1999, S. 50). Gerade vor dem Hintergrund der Verständlichkeit haben sich hierzu verschiedene visuell orientierten Methoden entwickelt, wie beispielsweise das Entity-Relationship-Modell (ERM) (CHEN 1976) oder die Object Modeling Technique (OMT) (RUMBOUGH u.a. 1993).

Abbildung 4: Beispiel für ein ERM-Diagramm

Quelle: TRYFONA/ HADZILACOS 1997, S.8

Einerseits wird eine möglichst formale Beschreibung angestrebt, andererseits soll eine Abhängigkeit von einer bestimmten Implementierungsstrategie vermieden werden. Dadurch soll das fachspezifische Wissen und ihre informationstechnische Umsetzung voneinander entkoppelt werden. Diese Trennung ist in der Praxis von großer Bedeutung, da sich Softwaretechnologien rasch entwickeln und verändern, während Fachkonzepte als langlebig einzustufen sind, und damit auch auf nachfolgende Techniken anwendbar bleiben. Da sich diese Ebene mit der Modellierung von Begriffen und der Bedeutung dieser Begriffe für den Anwender beschäftigt, wird dieser Abschnitt auch als semantische Modellierung der Realität bezeichnet (SCHEER 1995, S. 175).

Bevor ein logisches Datenmodell für ein räumliches Informationssystem aufgestellt werden kann, gilt es, für das Anwendungsgebiet eine operationale Basis zu finden. Dies trifft insbesondere für die Abbildung realer Systeme zu, da hier das zusätzliche Problem besteht, daß diese durch unterschiedliche Anwender in unterschiedlicher Weise aufgefaßt werden können. Im Gegensatz dazu sind beispielsweise betriebliche Informationssysteme in der Regel im Vorhinein durch externe Modelle festgelegt, indem etwa Organisationen bereits in strukturell festgelegter Form (Geschäftsführer – Bereichsleiter - Abteilungsleiter – Sachbearbeiter) beschrieben sind. Insofern bedarf es für ein GIS eines nachvollziehbaren konzeptionellen Modells, das unterschiedliche räumliche Wahrnehmungen integriert (FRANK 1992, S. 411).

Logische Ebene

Das konzeptionelle Modell ist aber in dieser Form meist nicht als Implementationsschema geeignet, da es sich in der Regel um reine Beschreibungsmodelle mit graphischer Notation handelt, deren Zweck darin besteht, die reale Welt möglichst anschaulich abzubilden. Deshalb werden auf der logischen Ebene die Konzepte in die vom verwendeten Software-System angebotenen Strukturen überführt (LAURINI/ THOMPSON 1992, S. 361).Der Übergang zum logischen Modell ist ein intellektueller Prozeß, der zwar von den zur Ver­fügung stehenden Modellierungshilfen wie dem ERM methodisch geleitet werden kann, aber nicht immer zwangsläufig zum selben Ergebnis führen muß. Die einfließenden persön­lichen Parameter wie Erfahrung oder unterschiedliche Präferenzen (z.B. Redundanzfreiheit versus Performanz) bedingen, daß es nicht das eine „korrekte“ Daten­modell gibt, sondern mehrere für das Anwendungsproblem adäquate Lösungen möglich sind (SCHEER 1995, 46; SCHNEIDER 1995, S. 15). Die Unterscheidung in eine konzep­tionelle und eine logische Ebene ist insofern von Bedeutung, als sie die unterschiedlichen Sichten auf den Prozeß der Datenmodellierung unterstreicht. Das konzeptionelle Modell drückt das Verständnis und die fachliche Kompetenz des Anwenders aus und betont die semantischen Aspekte des Informationssystems, die das Wissen über die Realwelt be­inhaltet. Im logischen Modell wird die Sicht der Informatik auf die Datenmodellierung betont, indem formal definierte Elemente die Basis zur Modellierung bilden (DAVID/ RAYNAL/ SCHORTER 1993, S. 266f.).

Interne Ebene

Diese Ebene beschreibt, wie die Daten physikalisch auf einem Datenträger organisiert werden. Diese Ebene ist normalerweise nicht zugänglich für einen Datenbankanwender (LAURINI/ THOMPSON 1992, S. 362).